Arrivederci

Schöne Tage gehen wirklich schnell vorbei. Ich schrieb ja erst von meiner Ankunft hier in Cavaione, morgen muss ich bereits abreisen. Ich hätte es durchaus noch etwas länger ausgehalten.


Im Prinzip tat ich nicht extrem viel hier oben, klar, ich schrieb tapfer an meiner Auftragsarbeit, welche wirklich weit fortgeschritten ist, aber mein Buch blieb unberührt, und auch das Strickzeug holte ich erst heute hervor, um morgen während der langen Zugfahrt nach Chur etwas Vernünftiges zu tun. Auch meine mitgenommenen Weihnachtskarten blieben unbeschrieben, ich fürchte, dieses Jahr werde ich nicht eine versenden….

Erlebt habe ich dennoch eine ganze Menge. Zuerst einmal viel mit den Tieren. Sowohl die Ziegen als auch die Hühner und Alex, das Kaninchen stellten mich mit ihren Ausbruchskünsten auf die Probe. Findet sie uns oder nicht? Ja, natürlich, aber in den steilen Wiesen einem Huhn nachzurennen, ist gar nicht so einfach. Anna meinte nur lachend, dass die Tiere locker ohne mich heimgefunden hätten.

Aber Secondo sagte mir, dass der Fuchs wieder in der Gegend sei, und ich wollte ihm, also dem Fuchs, keinen Festtagsbraten bescheren. Ich habe es geschafft, alle Tiere haben bis heute überlebt – hurra.

Zwei Tage lang war ich dann unterwegs. Am Dienstag durfte ich bei Secondo und Anna zu Mittag essen und wurde mit einem feinen Hirschmenü und Polenta überrascht. Zum Essen kamen noch Claudia und Ezio, Ethel und Chiara mit ihrer kleinen Tochter. Später grüssten Deborah und Mateo – alles liebe Verwandte von mir.

Gestern fuhr ich mit Claudio nach Tirano. Wir assen zusammen zu Mittag und ich lernte einen weiteren Verwandten, Mauro, kennen. Keine Ahnung, um wie viele Ecken wir verwandt sind, aber spielt das eine Rolle?

Danach fuhren wir nach Zalende, und dort durfte ich die Kindheitsfreundin meiner Mutter kennenlernen. Als meine Mutter im Alter von zwölf Jahren aus Cavaione wegziehen musste, wusste sie nicht, dass sie sich nie mehr sehen würden. In ihren Erinnerungen schrieb sie:

«Schon vorher hatte ich mich von meiner Freundin verabschiedet, auch hier flossen Tränen, wussten wir doch beide, dass ein Wiedersehen so schnell nicht stattfinden sollte».

Es war für mich ein spezieller Moment, als ich dieser Freundin, mittlerweile 83 Jahre alt, gegenübersass.

Den Abend durfte ich bei Ethel und Danilo unten im Dorf Cavaione verbringen und vielen Geschichten zuhören. Auch wenn ich danach ziemlich k.o. war, weil ich den ganzen Tag nur italienisch sprach und hörte, fand ich, dass der Tag nicht schöner hätte sein können.

Heute musste ich dann wieder ein wenig arbeiten und schrieb wie wild an meiner Arbeit, die Seiten füllten sich. Nun werde ich den Abend geniessen, etwas wehmütig sein und mich morgen dann darauf freuen, meine Lieben in Bern, nach einem Mittagessen-Abstecher in Chur, wieder zu sehen.

Das war sie auch schon, meine Berichterstattung aus dem Paradies!

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