Endlose Weiten

Vor einer Woche durften wir unsere Reise nach Norwegen beginnen, auch in den Ferien geht es schnell. Seit letztem Montag sind Stefan und ich nun in Florians Hütte in Nord-Mesna, rund 15 Kilometer von Lillehammer entfernt Richtung Sjusjøen. Die Fahrt hierher war abwechslungsreich und lang, hatten wir uns doch entschieden, nicht auf der Hauptstrecke zu reisen. Zudem war ich offenbar nicht gerade ein Hirsch im Kartenlesen, wir machten einmal einen grösseren Bogen, um auf unsere Route zurückzukehren. Immerhin waren wir früh genug in der Hütte, um noch am gleichen Nachmittag einen ersten Spaziergang ins Fjell zu unternehmen. Wir fuhren zum Nattrudstilen und liessen uns ein erstes Mal von der herbstlich gefärbten Gegend mit den endlosen Weiten begeistern. Auch waren wir am Abend ein erstes Mal ziemlich k.o.

Florian half uns per Telefon, die Hütte in Gang zu kriegen, das heisst, wir haben fliessend warmes und kaltes Wasser, elektrischen Strom und einen Gaskochherd, der auch funktioniert. Am ersten Abend mussten wir etwas einfeuern, aber wir hatten sehr bald angenehm warm und gingen auch sehr bald zu Bett.

Am Dienstag ging es ins Solifjell, diesmal, um ein paar Posten in die Gegend zu setzen. Dadurch, dass wir immer querfeldein wanderten, kamen wir nur langsam vorwärts. Zudem mussten wir immer wieder innehalten und die Gegend bewundern. Auch hier: endlose Weiten und bunt gefärbte Bäume, Büsche, Gräser. Nach fast vier Stunden Marschzeit merkten wir am Abend, auch an diesem Tag reichte es, um völlig k.o. zu sein.

Gestern war trotz bereits müder Beine eine längere Tour angesagt. Das Wetter versprach sonnig zu werden, wir wollten den Tag nutzen. Mit dem Auto fuhren wir zum Gausdalen und von dort irgendwann in die Höhe. Irgendwo, wo es gerade passte, parkierten wir und gingen dann zu Fuss weiter. Für mich war dies die Peer-Gynt-Wanderung, weil wir uns gemäss Wanderkarte im «Peer Gynts Rike» befanden.

Durch endlose Sümpfe an unzähligen Seen vorbei führte uns die Tour zu einem grösseren See, wo wir eine kurze Pause machten. Wege hatte dieser Teil der Wanderung keine, dafür waren wir fast die einzigen Lebewesen unterwegs. Nur hie und da schreckten wir Schafe auf. Zurück ging es mehrheitlich auf Wanderwegen, doch wer weiss, wie diese in Norwegen sind, weiss auch, dass man da nicht wirklich schnell vorankommt. Wir hatten bis zum Auto praktisch gleichlang wie zum See und waren am Schluss – das ist jetzt nicht schwer zu erraten – völlig k.o. Auch wenn wir für einmal keine Aussichten geniessen konnten, genossen wir die Wanderung, Stefan und ich mögen den Geruch der Sümpfe, das leichte Federn darauf und eben diese schiere Endlosigkeit.

Heute war Ruhetag angesagt, oder besser gesagt, wäre Ruhetag angesagt gewesen. Damit wir nicht nur faul herumliegen, beschlossen wir, nach Nordsæter zu fahren, dort eine kurze Runde zu drehen und dann die Lebensmittel aufzufrischen. Das mit Nordsæter und den Lebensmitteln stimmte auch, aus der kurzen Runde wurden satte 13 Kilometer mit zwei «Fjellbesteigungen». Zuerst waren wir auf dem Nevelfjell und genossen erneut eine fantastische Aussicht in die unendlichen Weiten.

Da wir nicht auf dem gleichen Weg zurückwollten, wanderten wir in einen Halbkreis hinunter und stiegen auf der anderen Seite auf das Høgsfjell. Auch von dort war der Ausblick in die Gegend rund um uns fantastisch. Heute leisteten wir uns fast ausschliesslich Wanderwege, sodass wir nur leicht k.o. waren. Also hatten wir doch quasi einen Ruhetag…

Morgen geht es nach Lillehammer, ich freue mich sehr darauf, wieder durch die Strassen des Städtchens zu flanieren und nach Souvenirs Ausschau zu halten. Vielleicht gesellt sich morgen ein neuer Troll zu meinen Freunden daheim, wer weiss!